Neukölln – das bessere Berlin

Lautes Hupen und Motorengehäule, Autorennen auf der Sonnenallee und ständig irgendwo Polizei. Laute arabische Volksmusik dröhnt aus den Shisha-Bars und den protzigen Autos, überall sind sie draußen auf der Straße und trinken Tee oder rauchen Shisha. So ungefähr stelle ich mir Istanbul vor, ohne jemals dort gewesen zu sein und es ist immer eine Art Urlaub für mich, wenn ich durch die Sonnenallee spaziere. Ich mag es, es ist eine Auszeit von Deutschland, auch wenn ich dort nicht dazu gehöre und nie dazu gehören werde. Ich fühle mich zwar immer wie ein Eindringling, in ihre Umgebung, in ihre Kultur, vielleicht hindert mich gerade daran, offen darauf zuzugehen.

Mein erster Unterschlupf war in Neukölln. Ich hatte ja keine Ahnung, dass es mich hier buchstäblich immer wieder hinziehen würde. Meine Freundin sagte damals, sie hat einfach die erste WG genommen, sie hatte keine andere Wahl und wusste nichts von Neukölln. Ich war etwas besorgt. Das einzige, was ich von Neukölln kannte war ein Fernsehbericht, der besagte, dass man sich dort fast nicht auf die Straße trauen kann, es sei so gefährlich und jeder hätte dort ein Messer. Heute kann ich nur noch lachen über diesen angstschürenden Beitrag, der nicht wirklich etwas von Qualitätsjournalismus übrig hat, wenn ich abends durch Neukölln laufe.

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Bild: notes of berlin
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Bild: notes of berlin

Es ist ein anderes Berlin, nicht so aufgeräumt und blitzeblank geputzt, wie in Mitte oder Charlottenburg. In Neukölln stellt man seinen Schrott auf die Straße und sei es ein gebrauchtes Klo, das steht dann einfach monatelang da. Für viele ist es einfach die praktischste Müllentsorgung, für andere ist es ein Gratis-Basar für zukünftige Möbel. Da man die Sperrmüllentsorgung als Berliner Bürger sowieso zahlt, da die Stadt ja den ganzen Müll irgendwann einsammeln muss, wäre es ja töricht, den Sperrmüll selbst zu entsorgen und damit doppelt zu zahlen. Kurz gesagt, bei Streifzügen durch Neukölln gibt es immer etwas zu entdecken und sei es nur eine liebevolle Aufschrift auf den entsorgten Stücken.

Meine Schwester war regelrecht geschockt, als sie bei meiner 3. Neuköllner Wohnung die alte Kloschüssel und all den Müll herumliegen sah. So was ist man als Landmensch, wo es geordnet zugeht, nicht gewohnt. Ich mag es. Es ist mein Berlin.

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