Auswandern light

Es ist ja nichts Außergewöhnliches, dass jemand auswandert. Schon gar nicht nach Berlin. Da will gerade jeder wohnen. Letztes Jahr 100.000 Menschen. Zurecht. Ich will es ja auch. Und dass jemand darüber einen Blog schreibt ist auch nicht weiter ungewöhnlich.

Das waren die ersten Worte meines damaligen Blogs im April 2013, einem Monat nach meiner Auswanderung von Graz nach Berlin. Eine gefühlte Ewigkeit her und jetzt im Nachhinein betrachtet, kein großes Wagnis. Es war ja eher „Auswandern light“, ein kurzes und schmerzloses Unterfangen, mit zwei Koffern auf ein halbes Jahr beschränkt in die große Ungewissheit, aber in meine Lieblingsstadt zu ziehen. Keine Tränen, ein paar weggescheuchte Bedenken: Ich gehe jetzt mal schnell nach Berlin. Nur ein Antasten mit dem Fuß ins kalte Wasser.

Einfach gemacht. Ich kannte dort schon Leute, kam bei meiner langen Suche nach einer WG bei einer Freundin unter. Noch einfacher. Entschieden war meine Auswanderung in ein paar Sekunden, ein paar Sekunden nach „Wann können Sie denn in Berlin sein?“ und kurz vor „Eigentlich nächste Woche“. Damit ich es mir nicht mehr anders überlegen konnte, habe ich direkt darauf den Flug gebucht.

Einfach geblieben. Dass sich das einzelne „Ich-bin-kurz-mal-weg“ in ein dreifaches „Bleiben-wir-doch-da“ verzauberte, konnte ja niemand ahnen. Denn Mann und Katze kamen unerwartet einfach nach. Zuerst auf Zeit, dann auf Unbestimmt. Und jetzt sind es schon 3 Jahre.

20130914_91_FotorKein Zuhause. So sehr ich die Stadt auch zu Beginn geliebt habe, ich hatte nie den Anspruch an sie, dass sie mein Zuhause werden sollte. Muss sie auch nicht, denn man muss nicht überall Zuhause sein. Berlin ist eine Zwischenstation, ich weiß aber nicht zwischen was. Obwohl wir uns mit Sack und Pack auf nach Berlin machten als bewusste Entscheidung, mal hier zu bleiben, war die Option immer da, einfach wieder zurück zu gehen. Und diese Sicherheit möchte ich nicht missen.

Immer gut, einen Plan B zu haben – das Wissen um ihn ist die beste Garantie, ihn nie zu brauchen.

-Maike Winnemuth

Man braucht nicht einmal Mut. Als ich damals so schnell ausgewandert bin, haben viele Menschen zu mir gesagt, sie würden meinen Mut bewundern oder gar beneiden. Ganz habe ich das nie verstanden, denn ich habe zwar auch länger gebraucht, mich wirklich dazu zu entscheiden, aber es war kein Mut, der mich geritten hat. Ich bin kein besonders mutiger Mensch und werde es wohl auch nie sein. Ein bisschen Leichtsinn mit einem Spritzer Selbstironie und vor allem unüberlegter Spontaneität haben mich erst in diese Situation gebracht. Man muss auch gar nicht viel darüber nachdenken, man muss sich nicht an seine Umgebung, seine Familie und Freunde und an seine Besitztümer klammern, die laufen alle nicht weg.

Wenn man schon immer mal auswandern wollte, sollte man das vielleicht einfach tun. Umso mehr man darüber nachdenkt, desto mehr Angst bekommt man, aber es ergeben sich immer Wege und Möglichkeiten. Notfalls ist man um eine Erfahrung reicher. Vielleicht bin ich da zwar nicht das beste Beispiel, denn ich ging ohne Geld, ohne Wohnung und ohne Job in das neue Land, ein Polster zu haben, mit dem man zumindest zwei bis drei Monate ohne Job auskommt, wäre aber ideal.

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