Das unabsichtliche Alleinsein

Ich sitze nun fast allein in diesem vermeintlich eigentlichen Kino bei einer Lesung, es ist Pause. Das ist die größte Qual der Qualen, denen man ausgesetzt ist, wenn man alleine zu einer Veranstaltung geht. Ich hasse das. Ich fühle mich beobachtet und in den Blicken der anderen sehe ich Hohn, ein „Haha, die hat wohl niemanden“. Es ist Berlin, da sind doch viele noch viel alleiner und gehen noch viel alleiner als ich zu Lesungen. Ich will nicht offensichtlich zu den anderen Anwesenden dazugehören wollen, mich aber auch nicht zu offensichtlich soziophob verhalten. Dann doch lieber ein asoziales Auf-das-Handy-Starren, obwohl ich eigentlich neue Leute kennenlernen will. Jetzt weiß ich jedenfalls: So geht es jedenfalls nicht.

spruchshawWenn ich groß bin, verstelle ich auch einfach meine Stimme und lese kranke Geschichten vor. Vielleicht über Tauben. Oder Amseln. Wenn man etwas verrückt ist, wird man besser Künstler, dann ist das auch ok so. Wenn man kranke Ideen hat, sollte man am Besten einfach Autor werden und auch bipolare Persönlichkeiten sind in diesem Berufsfeld gut aufgehoben. Ich will ja nicht ohne Grund Autorin sein. So. Ich denke, es werden mich nach meiner Veröffentlichung doch einige Bekannte und Freunde mit anderen Augen sehen, wenn sie mein Buch gelesen haben. Von wem diese  Augen dann seien, wage ich nicht zu denken. Aber ich will mich nicht hinter der uns selbst auferlegten sozialen Zensur verstecken, denn es läuft sonst ja schon alles zu sehr nach gesellschaftlichen Normen. Deswegen verliert man sich in Gegenzug dazu in Büchern so gern verliert. Für mich macht das einen guten Autoren aus, seine eigene Vorstellungskraft und die seines Lesers zu durchbrechen, um neue Welten zu schaffen. In einem einfachen Bündel zusammengeklebte Blätter Papier. Wenn man das heute noch so sagen kann. Wenn nicht: In einem einfachen Bündel zusammengefügter PDF-Seiten. Klingt Scheiße.

Ich komme nach Hause. In Mitte waren mir zu viele Hirnschnecken und Zeitreisende begegnet. Ich schlafe noch immer im Zimmer meiner Mitbewohnerin. Die Blätter des zerrissenen Buches vom Bett zu entfernen und mein Bettzeug hinüber zu tragen ist einfach zu viel verlangt. Stattdessen habe ich inzwischen schon alles in ihr Zimmer geräumt, was ich so brauche. Das geht.

Da ich gerade meiner Schreibflut nachgehe und mein Mann ungeduldig auf das telefonieren wartet, schreibt er „ok, dann geh ich noch lulu“, ich erwidere „is das n lokal?“  – „ja, aber ganz klein und total scheiße“.

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